Anfragen Fraktion Witten

Anti Claim Management

Linksfraktion Witten

Sehr geehrte Frau Leidemann,

 

bundesweit wird über zunehmende überzogene Nachforderungen auf der Grundlage eines aggressiven und exzessiven Nachtragsmanagements (Nachforderungsmanagement) von Auftragnehmern bei Bauprojekten der öffentlichen Hand berichtet. Diese Nachforderungen können beispielsweise dadurch entstehen, dass Baufirmen an Bauverzögerungen entscheidend beteiligt sind und dann der Öffentlichen Hand hohe Beschleunigungs- und Nachtragszahlungen in Rechnung stellen. Zudem können die Vorgaben des Vergaberechts ausgenutzt werden, indem gezielt zu billige Angebote gemacht werden, die sich bei einem Zuschlag im Wege der Nachforderung verteuern. Festzustellen ist auch, dass bestimmte Baufirmen vermehrt Nachtragsmanager einstellen. Gegenüber privaten Auftraggebern ist die Öffentliche Hand bei der Vergabepraxis zudem strukturell stark benachteiligt.

 

Zur Abwehr unberechtigter bzw. unverhältnismäßiger Forderungen (Claims) kann ein Anti Claim Management (ACM) einen wesentlichen Beitrag leisten.

 

Daher fragt die Fraktion DIE LINKE. im Rat der Stadt Witten an:

 

1. Bei welchen europaweit ausgeschriebenen Bauprojekten der Stadt Witten kam es seit dem 1.1.2014 zu Nachforderungen der Auftragnehmer? Um welche Bauprojekte handelte es sich, wie hoch waren die Auftragssummen und wie hoch waren die Nachforderungen? Welche Nachforderungen wurden von der Stadt Witten als unberechtigt zurückgewiesen und welche Nachforderungen in welcher Höhe wurden als berechtigt anerkannt? Es wird zu diesem Fragenkomplex um eine tabellarische Auflistung gebeten.

 

2. Wie verhindert die Stadt Witten, dass es in den Ausschreibungsunterlagen einschließlich der Leistungsbeschreibung bei Bauvorhaben zu Mängeln kommt, die Auftragnehmer gezielt ausnutzen können (z.B. unrealistische Terminpläne, unbestimmte oder widersprüchliche Formulierungen in den Leistungsbeschreibungen)? Erfolgt bei europaweiten Ausschreibungen eine Prüfung durch kompetente Externe, um diesen Problemen vorzubeugen? Wenn nein, warum nicht?

 

3. Ist in den Verträgen zwischen der Stadt Witten und den Auftragnehmern für Bauvorhaben ein klar geregeltes Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten während der Bauabwicklung festgelegt? Wenn ja, welches Verfahren findet Anwendung? Wenn nein, warum nicht?

 

4. Besitzt die Stadt Witten ein Anti Claim Management für Bauvorhaben? Ist dieses ggf. mit Vorgaben für die verschiedenen Leistungsphasen inhaltlich detailliert und mit klaren personellen Zuordnungen innerhalb der Stadtverwaltung in einem Managementhandbuch festgelegt? Wer ist ggf. innerhalb der Stadtverwaltung Witten mit welchem Zeitbudget und einer spezifischen Schulung für das Anti Claim Management zuständig (Anti Claim Manager)?

 

5. Welche Möglichkeiten sieht die Verwaltung, über die zwingenden Ausschlussgründe des § 123 GWB und die fakultativen Ausschlussgründe des § 124 GWB hinaus, ein Unternehmen von einem Vergabeverfahren auszuschließen, wenn es in der Vergangenheit ein aggressives und exzessives bzw. missbräuchliches Nachtragsmanagement gegenüber der Stadt Witten oder anderen Kommunen betrieben hat?

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Oliver Kalusch                                                                                                       Ulla Weiß

(Ratsmitglied)                                                              (Fraktionsvorsitzende DIE LINKE)