Unterstützung der StädteRegion Aachen zur dauerhaften Stilllegung des belgischen Atomreaktors Tihange 2

DIE LINKE. Fraktion Witten

Tagesordnungspunkt 2 der Sitzung des Rates am 9.5.2016 - Haushalt 2016 :: Produkt 140101 Umweltschutz

Sehr geehrte Frau Leidemann,

die Fraktion DIE LINKE im Rat der Stadt Witten beantragt:


1. Die Stadt Witten unterstützt die StädteRegion Aachen bei ihren Aktivitäten zur dauerhaften Stilllegung des belgischen Atomreaktors Tihange 2. Sie begrüßt die Klage der StädteRegion Aachen gegen das Atomkraftwerk Tihange.

2. Zur Unterstützung der Klage leistet die Stadt Witten einen einmaligen freiwilligen finanziellen Solidarbeitrag in Höhe von 3.000 € gegenüber der Städteregion Aachen.

Dazu wird in der Produktbeschreibung von Produkt 140101 Umweltschutz der Aspekt „Schutz vor ionisierender Strahlung und radioaktiven Stoffen“ eingefügt.

Die 3.000 € werden dem entsprechenden Haushaltsposten für Aufwendungen zugeordnet.

3. Die Verwaltung berichtet dem Rat einmal jährlich sowie aus gegebenem Anlass über die Entwicklung des Gerichtsverfahrens.

Begründung:

Seit Jahren stellen die belgischen Atomkraftwerke Doel und Tihange eine erhebliche Gefahr dar. So kam es beispielsweise beim vom belgischen Konzern Electrabel betriebenen Atomkraftwerk Tihange, dessen drei Blöcke in den Jahren 1975 bis 1985 in Betrieb genommen wurden, zu zahlreichen Störfällen. Dazu gehörten das irrtümliche Öffnen von Sicherheitsventilen mit der Gefahr einer Kernschmelze (2002), der Austritt von säurehaltigem Wasser (2010), Funktionsverluste von Heizstäben des Druckhalters (2012) sowie der Verlust von 2 Liter radioaktivem Wasser pro Tag aus dem Abklingbecken von Block 1 von Tihange (ab 2005). Hinzu kommen Feuer und Explosionen im nicht-nuklearem Bereich.

Am August 2012 wurde Block 2 heruntergefahren, nachdem – wie auch am Reaktor Doel 3 – tausende Risse am Reaktorbehälter gefunden wurden. Der Weiterbetrieb eines Atomkraftwerks mit Rissen im Druckbehälter ist unverantwortlich, da der Druckbehälter das zentrale Anlagenteil zum Schutz vor Austritt von Radioaktivität und einer Kernschmelze ist.

Statt die Atomkraftwerke gerade aufgrund dieser Risse endgültig abzuschalten, kam es in der Folge zu immer neuen Störfällen, Betriebsunterbrechungen und einem immer wieder neuen Anfahren, welches von der belgischen Föderalagentur für Nuklearkontrolle (FANK) genehmigt wurde. Als Begründung für den Weiterbetrieb trotz ständig wachsender Risse gab die FANK in einem Untersuchungsbericht an, die Risse seien „höchstwahrscheinlich“ schon bei der Herstellung der Druckbehälters 1979 entstanden und daher unbedenklich.

Die Abschaltung der Blöcke 1 – 3 des Atomkraftwerks Tihange ist für die Jahre 2023 – 2025 vorgesehen. Dies bedeutet, dass die Menschen in Belgien, aber auch in den umliegenden Staaten, noch fast 10 Jahre einem tödlichen Risiko ausgesetzt werden sollen. Dies ist nicht akzeptabel.

Die StädteRegion Aachen klagt daher gegen ein Wiederanfahren des Reaktorblocks Tihange 2. Die erste Klage der StädteRegion Aachen vor dem belgischen Staatsrat läuft bereits seit Anfang Februar. Vor dem obersten belgischen Verwaltungsgericht geht es in erster Linie um die Frage, ob es überhaupt eine Genehmigung für das Wiederhochfahren der „Pannenreaktoren“ gegeben hat.

Anfang März hat die Landesregierung wegen einer fehlenden grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung bei der Laufzeitverlängerung der Reaktorblöcke Tihange 1 sowie Doel 1 und 2 Beschwerde bei der EU-Kommission eingelegt.

Die Klage der StädteRegion Aachen stößt auf breite Unterstützung. Bereits jetzt haben über 60 Kommunen ihre Solidartät bekundet. Die Vertreter dieser Kommunen haben unisono zum Ausdruck gebracht, dass sie das bisherige Vorgehen der StädteRegion Aachen uneingeschränkt unterstützen wollen. Sie haben auch einen freiwilligen finanziellen Solidarbeitrag angeboten, der nach Größe der Gebietskörperschaft zwischen 1.000,- und 3.000,- Euro liegt. So hat vor wenige Tagen auch Gelsenkirchen beschlossen, die Prozesse der Städteregion Aachen gegen Tihange 2 mit einem Kostenbeitrag in Höhe von 3.000 € zu unterstützen.

Bei einem schweren Reaktorunfall des Reaktorblocks Tihange 2 würde auch Witten betroffen sein. Deshalb muss die Stadt ihre Möglichkeit ausschöpfen, ein Wiederanfahren zu verhindern. Ein finanzieller Solidarbeitrag von 3.000 € würde die Stadt nicht überfordern und ein deutliches Zeichen setzen.

Mit freundlichen Grüßen

Ulla Weiß

Fraktionsvorsitzende

Oliver Kalusch

Fraktionsmitglied