Die Linke Fraktion Witten: Reden/Haushaltsreden

Rede zum Haushalt 2024

Linksfraktion

(Fraktionsvorsitzende Ursula Weiß) Es gilt das gesprochene Wort

Die Linke Haushaltsrede von Ulla Weiß vom 19.3.2024

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

wie wollen wir in Witten zusammenleben?

Unsere Antwort: Sozial, ökologisch, demokratisch und antifaschistisch.

Ein Haushalt ist in Zahlen gegossene Politik. Er bestimmt wichtige Strukturen und Möglichkeiten unseres städtischen Zusammenlebens.

Nie wieder ist jetzt: Unter diesem Motto gehen seit Anfang 2024 Tausende von Menschen fast täglich in allen Städten Deutschlands auf die Straße: Für ein friedliches und buntes Zusammenleben mit allen und gegen den Faschismus. Sie demonstrieren für eine gute Integration Geflüchteter in unsere Gesellschaft.

Politische Bestrebungen, die die Bevölkerung in gute und schlechte Menschen unterteilen und einen Teil dann aus Deutschland entfernen wollen – Stichwort Remigration - sind nicht akzeptabel und müssen von uns allen bekämpft werden!

Die große Demo in Witten im Januar 2024 hat dazu ein klares Zeichen gesetzt! Die Bürger:innen von Witten erwarten, dass Witten bunt, divers, friedlich und tolerant bleibt! Als gewählte Ratsvertreter:innen ist es unser Job, diesem Anliegen nachzukommen!

Deshalb stellen wir folgende Haushaltsanträge:

 

1. Finanzen:

Es gibt Einnahmeverluste, z. B. durch eine geringere Gewerbesteuer.

Weiterhin fehlt Geld aufgrund des Nichteinhaltens der Konnexität durch Land und Bund.

So wird der Ausbau des Offenen Ganztags vom Land als Aufgabe der Jugendhilfe umdeklariert. Die Finanzierung müssen jetzt die Kommunen tragen. Eine ausreichende finanzielle Unterstützung in voller Höhe der Kosten bleibt bisher aus.

Beispiel: Reduzierter Fördermittelbescheid, Bericht im Jugendhilfeausschuss am 2.11.2023.

Auszug aus dem Protokoll des JHA vom 2.11.2023:

 

Es fehlt die Übernahme der Altschulden durch Land und Bund. Unser Zinsendienst dafür liegt bei ca. 15 Mio. € pro Jahr mit steigender Tendenz. Geld, was in Witten fehlt.

Im Haushaltssicherungskonzept wird als Ausgleich vorgeschlagen, die jetzt schon hohe Grundsteuer B um 200 Prozentpunkte im Jahr 2030 zu erhöhen. Dies ist ein Akt der Verzweiflung. Damit wird Witten total unattraktiv.

Erwartet werden damit Einnahmen von 11 Mio. € pro Jahr. So soll die Genehmigung für den Haushalt erreicht werden.

Fazit: In Witten selbst sind die Probleme des Haushalts 2024 nicht zu lösen.

Es müssen insgesamt mehr Einnahmen erzeugt werden. Der zu verteilende Kuchen muss größer werden.

Daher stellen wir den Haushaltsantrag: Einsatz für die Einführung einer Vermögenssteuer. Nach Berechnungen LINKER Bundestagsabgeordneter könnte Witten dadurch mit Mehreinnahmen in Höhe eines zweistelligen Millionenbetrags rechnen.

Nicht nur wir allein sind der Meinung, dass die Reichen und Superreichen mehr zur Finanzierung des Gemeinwohls beitragen müssen.

Die Millionenerbin Marlene Engelhorn fordert zusammen mit anderen Millionären eine europäische Steuer auf große Vermögen.

Sie hat im September 2023 die Europäische Initiative tax the rich gegründet. Das Ziel dieser Europäischen Bürgerinitiative lautet:

Wir wollen eine europäische Vermögenssteuer zur Finanzierung des sozialen und ökologischen Wandels und zur Unterstützung der vom Klimawandel betroffenen Länder. https://www.tax-the-rich.eu/home#organisers

 

Im TOP 6.3.7 stellen wir unseren Antrag „Einsatz für die Einführung einer Vermögenssteuer“, um auch in Witten selbst für die Vermögenssteuer aktiv zu werden.

 

2. Personal:

 

Im vorgelegten Stellenplan 2024 wird ein anerkannter Mehrbedarf von 22,41 Stellen in 2024 festgestellt. Fast alle Stellen werden im sozialen Bereich benötigt.

Aber die Verwaltung will diesen Mehrbedarf aus finanziellen Gründen nicht realisieren. Nicht kommen sollen 8 Stellen für die Übernahme von PiA’s, die von der Stadt selbstausgebildeten Erzieher:innen. Nicht kommen sollen auch 2 Ergänzungskräfte für die Kita Durchholz. Das bedeutet Mehrarbeit für die vorhandenen Kräfte und eine schlechtere Versorgung der Kinder. Dies lehnen wir ab.

Es sollen jedes Jahr 15 Stellen, die durch Verrentung frei werden, nicht wieder besetzt werden. Wie soll so eine gute Einarbeitung von neuen Kolleg:innen in den eigenen Arbeitsbereich erfolgen, wenn gar keine neue Kollegin mehr kommen wird? Ein enormer Verlust von Wissen ist vorprogrammiert.

Die Pläne des Kämmerers, so ungeregelt Personal abzubauen und beim Personal zu sparen, führen zu Arbeitsverdichtung, zur Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und zum Verlust von Qualität bei der Aufgabenerfüllung. Alle Bereiche der Verwaltung sind davon betroffen: Wohngeld, Baugenehmigungen, Kitas, Jugendhilfe etc.

Das Leben in Witten wird durch steigende Verwaltungsgebühren teurer und der Service wird schlechter.

Wir unterstützen ausdrücklich die Kritik des Personalrats an dieser Personalpolitik.

 

Wir selbst stellen zwei Haushaltsanträge für die Reinigungskräfte, deren gute Arbeit meist unsichtbar bleibt und die mehrheitlich von Frauen mit niedriger Entlohnung ausgeführt wird: „Keine Prüfung des Abbaus von Stellen bei der Eigenreinigung“ in TOP 6.3.10 und „Eigenreinigung erhalten und ausbauen und zwei zusätzliche Stellen“ im TOP 6.3.9.

Wie kann die Verwaltung trotz all dieser Schwierigkeiten attraktiv für neue Kräfte werden?

Dafür beantragen wir die Einführung eines Deutschlandtickets in Form einesJobtickets. Das sind gut investierte 50.000 €.

Damit schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe: Die Stadtverwaltung wird eine attraktive Arbeitgeberin. Und wir fördern den Klimaschutz durch den Umstieg auf Bus und Bahn! Über Ihre Zustimmung zu unserem Antrag freuen wir uns in TOP 6.3.13.

 

3. Soziales:

Ein friedliches Zusammenleben wird durch gleiche Möglichkeiten zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben unterstützt. DIE LINKE. tritt dafür ein, dass Bildung kostenlos wird. Eine gute Bildung in Kita, Schule, OGS und später im Studium darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen.

Daher müssten alle Gebühren abgeschafft werden. Dies ist ein Fernziel.

Unser Nahziel ist: Keine weiteren Erhöhungen, der bereits bestehenden Gebühren für Kita und OGS.

Daher beantragen wir, die Prüfung zur Erhöhung der Elternbeiträge abzulehnen.

Die Prüfung einer Erhöhung ist im Haushaltssicherungskonzept unter Punkt 3.13.3 vorgesehen. Mit unserem Antrag „Kein Auftrag für Anhebung von Kita- und OGS-Beiträgen“ in TOP 6.3.8 wollen wir diese Anhebung verhindern.

 

4. Demokratie:

Unser Dauerbrenner: Antrag zur Gestaltung des Produkts 12 01 01 mit Zielen, Kennzahlen und Berichten. Die wichtige Verkehrspolitik umfasst in diesem Produkt u. a. den Straßenbau, den Fahrradwegbau, den Bau von Querungshilfen.

Das NKF-Gesetz sah bei seiner Einführung vor zwanzig Jahren vor, dass wir, Bürger:innen und Ratsmitglieder über Ziele und Kennzahlen ein Produkt steuern. Dass die erledigten Arbeiten mit Berichten transparent für Rat und Bürger:innen werden.

Die gesetzliche Pflicht zur Angabe von Zielen und Kennzahlen in Produkten ist weiter vorhanden. Mit unserem Antrag kann ein Anfang gemacht werden, um mit Zielen, Kennzahlen und Berichten den wichtigen Politikbereich Verkehr transparent zu steuern.

Sie finden unseren Antrag dazu im TOP 6.3.6.

Zum Schluss:

Den überwiegenden Teil des vorgelegten Haushaltsentwurfs 2024 halten wir für nicht zustimmungsfähig.

Daher werden wir den Haushalt 2024 ablehnen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


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