Anträge und Anfragen ab 2014

Nachbesetzung der Fachbereichsleitung VI Bau, Umwelt, Vermessung und Kataster

Kreistagsfraktion

Begründung des Antrags der Kreistagsfraktion DIE LINKE vom 21.11.2019 im Kreistag EN am 09.12.2019

Verehrte Kolleginnen und Kollegen des Kreistags,
sehr geehrter Herr Landrat.

Als Antragsteller möchte ich zunächst das Recht in Anspruch nehmen, unseren Antrag zu erläutern. Im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Landrats beschränkt sich dieses Recht nicht nur auf die Frage, ob der Kreistag den Antrag behandeln darf, also ob der Kreistag zuständig ist. Wir haben auch das Recht, den Antrag inhaltlich zu begründen.

Denn nach der Rechtsprechung des OVG NRW soll der Antragsteller mit seiner Begründung
ich zitiere: „die Mehrheit davon zu überzeugen [können], daß eine Befassung mit und eine Entscheidung zu dem Gegenstand des jeweiligen Vorschlages zulässig und geboten sind.“
OVG NRW, DÖV 1989, 595.

Inhaltlich geht es um die Frage, ob der Landrat allein bestimmen kann, dass die frei werdende Fachbereichsleitung Bau und Umwelt bis zu 1 ½ Jahre nicht wieder besetzt wird.

Der Ennepe-Ruhr-Kreis investiert in den nächsten 5 bis 7 Jahren in seine Berufskollegs, seine Gesamtschule, seine Förderschulen und das zentrale Gebäude des Jobcenters für den Südkreis ca. 120 Millionen €. Zusätzlich will der Kreis ein neues Gefahrenabwehrzentrum errichten.

Das, verehrte Kolleginnen und Kollegen, sind die größten Bauinvestitionen des Kreises seit Jahrzehnten.

Das Bauamt des Kreises ist personell so unterbesetzt, dass die Bauprojekte nur mit massivem Einsatz externer Dienstleister realisiert werden können. Bauherrenaufgaben können aber nicht an Externe übertragen werden, sie verbleiben bei der Kreisverwaltung. Als Mitglied unserer Baukommission kann ich die Risiken des Baugeschäfts unmittelbar verfolgen.

Im Bereich Umwelt zeigen die aktuellen PCB-Emissionen in Ennepetal beispielhaft, welche Aufgaben der Fachbereich VI im Umweltschutz hat.

Angesichts dieser hier nur kurz angerissenen großen Herausforderungen für den Fachbereich Bau und Umwelt führt eine ca. 1 ½ -jährige Nichtbesetzung der Fachbereichsleitung zu einer erheblichen Schwächung des Fachbereichs und der Kreisverwaltung.

Deshalb ist eine unverzügliche Nachbesetzung der Fachbereichsleitung geboten und im Interesse Aller, die eine gut aufgestellte und funktionstüchtige Kreisverwaltung brauchen.

Kommen wir nun zu der formalen Frage:

Muss der Kreistag den Antrag der LINKEN von der Tagesordnung absetzen oder kann er ihn auch behandeln und entscheiden?

Der Landrat behauptet, dass unser Antrag in unzulässiger Weise in sein personelles Organisationsrecht eingreift.

Zur Begründung verweist er auf die aktuelle Ausgabe des juristischen Kommentars von Plückhahn/Kuhn. Bemerkenswert ist hierbei, dass dieser Kommentar in seinen vorherigen
Auflagen die gegenteilige Auffassung vertreten hat.

Ich zitiere: „Soweit hierzu in Vorauflagen dieses Kommentars eine andere Auffassung vertreten wurde, wird sie nicht länger aufrechterhalten.“

Wie wird diese grundlegende Änderung der Rechtsauffassung nun begründet? Vielleicht mit der Aktualisierung eines Gesetzes oder mit einem neuen Gerichtsurteil?

Völlige Fehlanzeige! Ohne jegliche Erläuterung wird plötzlich die gegenteilige Rechtsauffassung vertreten.

Die Rechtsauffassung des Landrats, unser Antrag greife in unzulässiger Weise in sein personelles Organisationsrecht ein, ist daher mit großen Fragezeichen zu versehen.

Sehr geehrter Herr Landrat,
es würde sich lohnen, die Tragfähigkeit ihrer Rechtsauffassung vor Gericht zu klären

Verehrte Kolleginnen und Kollegen.

Was bedeutet das jetzt für uns als Kreistag? Muss der Kreistag dem Antrag des Landrats folgen und den Antrag der LINKEN von der Tagesordnung absetzen?

NEIN! Es gibt kein Gesetz und keine Rechtsverordnung, die das vorschreibt. Der Kreistag ist nicht verpflichtet, der fragwürdigen und strittigen Rechtsauffassung des Landrats zu folgen.

Der Kreistag ist frei in seiner demokratischen Entscheidung. Er kann den Antrag des Landrats ablehnen, den Antrag der Linken auf der Tagesordnung belassen und ihn behandeln.

Sollte der Landrat diese Mehrheitsentscheidung des Kreistages dann beanstanden, was ich für sehr unwahrscheinlich halte, wäre das keine juristische, sondern eine politische Entscheidung.

Auf ihre politischen Motive, Herr Landrat, unseren Antrag von der Tagesordnung abzusetzen zu lassen, will ich hier nicht näher eingehen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen des Kreistags.

Ich komme zum Schluss meiner Antragsbegründung.
Ob die Leitung des Fachbereichs Bau und Umwelt mehr als ein Jahr unbesetzt bleibt oder unverzüglich neu besetzt wird, ist kein nebensächliches Geschäft der laufenden
Verwaltung. Schließlich geht es hier um die Leitung eines ganzen Fachbereichs.

Wir alle, jeder von uns hat die persönliche Verantwortung dafür, dass die Verwaltung personell so aufgestellt ist, dass sie die Herausforderungen meistern kann. Deshalb werbe ich dafür, den Antrag der LINKEN auf der Tagesordnung zu belassen.

Wegen der Wichtigkeit unseres Antrags und der persönlichen Verantwortung jedes einzelnen Kreistagsmitglieds beantrag die LINKE Kreistagsfraktion hiermit eine namentliche Abstimmung.


Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Helmut Kanand
Fraktionsvorsitzender DIE LINKE im Kreistag Ennepe-Ruhr-Kreis