Presseerklärung: Allgemeinverfügung zur Unterbrechung der Infektionskette

DIE LINKE. Witten/Wetter

Ulla Weiß, Sprecherin von DIE LINKE. Witten/Wetter, fordert Erlass einer Allgemeinverfügung zum sofortigen Verbot von öffentlichen Veranstaltungen sowie die sofortige Absage der Gremiensitzungen der Stadt Witten  

Ulla Weiß, Oliver Kalusch und Birgit Minke beantragen den sofortigen Erlass einer Allgemeinverfügung zum unbefristeten Verbot von öffentlichen Veranstaltungen sowie die sofortige Absage aller Rats- und Ausschusssitzungen in Witten. Adressiert ist der Antrag an Frau Bürgermeisterin Leidemann.

 

„Die bisherigen Anordnungen der Stadtverwaltung reichen bei Weitem nicht aus, um das Gebot der Stunde, Minimierung der sozialen Kontakte, umzusetzen. Die Stadt Dorsten hat am Samstag eine Allgemeinverordnung dazu erlassen. Diese sollte sich Witten zum Vorbild nehmen“, erläutert Ulla Weiß, Sprecherin von DIE LINKE. Witten/Wetter. Und führt weiter aus: „Es reicht nicht aus, Hilfestellungen für eine selbst vorzunehmende Abwägung zu geben. Zum Schutz der Menschen und um alle gleich zu behandeln, sollte ein allgemeines Verbot für öffentliche und öffentlich zugängliche Veranstaltungen sowie der Stopp von Ratssitzungen erlassen werden!“

 

Oliver Kalusch, Ratsmitglied für DIE LINKE ergänzt: „In jeder Ausschuss- und Ratssitzung sitzen wir beieinander mit Mitarbeiter*innen der Verwaltung und mit den Zuschauer*innen. Wir begrüßen uns und sprechen miteinander. Damit befolgen wir die Aufforderung von Kanzlerin Merkel und Ministerpräsident Laschet nicht. Merkel und Laschet fordern uns auf, die sozialen Kontakte zu minimieren. Wenn selbst die Großeltern nicht mehr besucht werden sollen, wenn in Witten Schulen und Kitas geschlossen werden, sollte es für uns Ratsmitglieder kein Problem sein, auf Sitzungen zu verzichten. Zu einem späteren Zeitpunkt können wir die wichtigen Beratungspunkte nachholen!“


EILIG: BITTE SOFORT AUF DEN SCHREIBTISCH

Antrag auf sofortigen Erlass einer Allgemeinverfügung zum unbefristeten Verbot von öffentlichen und öffentlich zugänglichen Veranstaltungen zur Eindämmung der Verbreitung des Corona-Virus (SARS-CoV-2) sowie die sofortige Absage aller Ausschuss-, Arbeitskreis- und Ratssitzungen der Stadt Witten bis auf Weiteres zum Verhindern der weiteren Ausbreitung des Corona-Virus in Witten


Sehr geehrte Frau Leidemann,

gemäß § 22 VwVfG NRW beantragen wir:

1.    Die Bürgermeisterin der Stadt Witten als örtliche Ordnungsbehörde erlässt mit sofortiger Wirkung eine Allgemeinverfügung zum unbefristeten Verbot von öffentlichen und öffentlich zugänglichen Veranstaltungen zur Eindämmung der Verbreitung des Corona-Virus (SARS-CoV-2) entsprechend der Allgemeinverfügung der Stadt Dorsten, die in ihrem Amtsblatt vom 14.3.2020 bekanntgemacht wurde eservice2.gkd-re.de/abo-online/aboonlinepdf.jsp

2.    Alle Ausschuss-, Arbeitskreis- und Ratssitzungen der Stadt Witten werden sofort bis auf Weiteres abgesagt.

Wir weisen darauf hin, dass es sich hierbei nicht um Anträge an den Rat der Stadt Witten oder seine Ausschüsse oder um einen Bürgerantrag handelt. Diese würden erst zu einem späteren Zeitpunkt entschieden. Vielmehr handelt es sich um Anträge gemäß dem Verwaltungsverfahrensgesetz Nordrhein-Westfalen, über die wegen ihrer Eilbedürftigkeit sofort von der Bürgermeisterin zu entscheiden ist.


Begründung:

Die Ausbreitung und die Folgen des Corona-Virus haben in den letzten Tagen eine ungeahnte Dimension erreicht.

Laut dem NRW-Gesundheitsministerium waren am Sonntag, dem 15.3.2020 2100 Personen in Nordrhein-Westfalen erkrankt. Am Samstag, dem 14.3.2020 waren es noch 1636 Fälle. Dies bedeutet eine Zunahme von fast 500 Erkrankten von Samstag auf Sonntag. Damit bestätigt sich die Prognose, dass alle drei Tage mit einer Verdopplung der Zahl der Erkrankten zu rechnen ist. Dies bedeutet einen exponentiellen Anstieg. Es besteht eine sich verschärfende Situation mit zum Teil schweren und tödlich verlaufenden Krankheitsverläufen.

Auch in Witten gibt es derzeit vier infizierte Personen
www.waz.de/staedte/witten/corona-zahl-der-infektionen-in-witten-steigt-auf-vier-id228695685.html

Wie Ministerpräsident Laschet am 13.3.2020 und Kanzlerin Merkel am 14.3.2020 verlautbarten, sollen alle sozialen Kontakte möglichst eingeschränkt werden. Mit der Schließung von Schulen, Kitas und Universitäten sowie allen Kultureinrichtungen des Landes ist das Land NRW am Freitag aktiv geworden.

Der Forderung nach Einschränkung aller Sozialkontakte konnte die Stadt Witten mit der Bekanntmachung vom 12.3.2010 auf ihrer Homepage noch nicht gerecht werden
www.witten.de/willkommen-in-witten/corona-virus/corona-einzelansicht/news/stadt-witten-bereitet-sich-auf-moegliche-weitere-corona-faelle-vor/
Denn die Einzelfallprüfung einschließlich einer Risikoanalyse für Veranstaltungen mit weniger als 1.000 Personen entspricht dem zeitlich danach geforderten Minimierungsgebot für soziale Kontakte nicht mehr.

Derzeit geht es zudem nicht mehr darum, Ansteckungen überhaupt zu vermeiden, sondern die Geschwindigkeit der Ansteckung wirksam zu reduzieren. Ziel ist es, die Wirksamkeit des Gesundheitssystems mit hinreichend Betten auf der Intensivstation und Beatmungsgeräten aufrecht zu erhalten. Es geht darum, Zeit für Risikogruppen wie ältere, vorgeschädigte Menschen zu gewinnen.

Aus diesem Grund hat die Stadt Dorsten eine Allgemeinverfügung i.S.v. § 35 S. 2 VwVfG NRW  erlassen, gemäß der alle öffentlichen und öffentlich zugänglichen Veranstaltungen auf ihrem Gebiet mit sofortiger Wirkung untersagt sind. Dies gilt sowohl für das Ausrichten die Teilnahme von Veranstaltungen gilt. Diese Allgemeinverfügung gilt, bis sie durch eine gleichgerichtete Rechtsverordnung des Landes ersetzt oder durch die zuständige Behörde aufgehoben wird.

Auch Hamburg hat inzwischen sämtliche Veranstaltungen unabhängig von der Teilnehmerzahl abgesagt.

Aufgrund des Fehlens oder der Gefahr des Nichteinhaltens wirksamer Schutzmaßnahmen ist nicht gewährleistet, dass Risiken bei Veranstaltungen ausreichend beseitigt werden können. Dem gegenüber steht der überragende Schutz des Lebens und der menschlichen Gesundheit.

Daher ist es im Interesse eines effektiven Gesundheitsschutzes geboten, eine derartige Allgemeinverfügung auch in Witten zu erlassen.

Hierzu ist die Bürgermeisterin als örtliche Ordnungsbehörde auch gesetzlich ermächtigt. Grundlage hierfür ist § 3 ZVO-IfSG (Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz) i.V.m. 28 Abs. 1 S. 2 IfSG (Infektionsschutzgesetz).

Die im Informationsdienst der Stadt Witten vom 15.3.2020 angekündigte Allgemein-verfügung für Veranstaltungen genügt diesen Ansprüchen anscheinend nicht.
Denn hier ist nicht von einer konsequenten Untersagung von Veranstaltungen die Rede, sondern lediglich davon eine Hilfe zu geben, wie Veranstalter mit ihren Veranstaltungen umgehen sollen.

Es wäre fatal, wenn Witten hinter den notwendigen Standard des Gesundheitsschutzes beispielsweise von Dorsten zurückfallen würde.

Nichts anderes als für sonstige Veranstaltungen kann für Sitzungen des Rates, der Ausschüsse und der Arbeitskreise der Stadt Witten gelten. Auch hier treten Menschen in sozialen Kontakt und kommen sich nahe. Dies gilt einerseits für die Rats- und Ausschussmitglieder untereinander, anderseits für ihren Kontakt mit Verwaltungsmitarbeiter*innen und Zuschauer*innen. Unter all diesen Gruppen befinden sich Personen mit einem erhöhten Infektionsrisiko und dem Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs. Niemand kann die Verantwortung tragen, diese Personen einem konkreten Infektionsrisiko auszusetzen.

Es ist daher ein sofortiges Handeln erforderlich: Die Sitzungen sind mit sofortiger Wirkung abzusetzen.

Dies ergibt sich auch daraus, dass Sitzungen des Rates, der Ausschüsse und der Arbeitskreise der Stadt Witten unter den Veranstaltungsbegriff fallen.

Die in der Email der Stadt Witten vom 12.3.2020 angekündigte Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses (HFA) im Sitzungssaal des Rathauses am 23.3.2020 sowie die Verlegung der Ratssitzung am 31.3.2020 in den Saalbau können den Anforderungen an den Gesundheitsschutz nicht gerecht werden. In beiden Fällen kommt es nach wie vor zu sozialen Kontakten. Diese sollten aber minimiert werden.

Aus dem Grund des Schutzes vor Infektionen haben hingegen verschiedene Kommunen in Nordrhein-Westfalen bereits Konsequenzen gezogen und ihre Gremiensitzungen abgesagt. Dazu gehört im Ennepe-Ruhr-Kreis die Stadt Ennepetal
www.wp.de/staedte/ennepetal-gevelsberg-schwelm/ticker-zum-coronavirus-im-en-suedkreis-song-contest-abgesagt-id228672359.html
Dort hat Bürgermeisterin Imke Heymann verfügt, dass alle geplanten städtischen Gremiensitzungen bis zum 19. April 2020 abgesagt werden. Davon betroffen sind neben der Sitzung des Hauptausschusses am 24. März die Sitzung des Stadtrates am 26. März sowie diverse Fachausschüsse.

Im Interesse des Gesundheitsschutzes ist es daher geboten, sämtliche Gremiensitzungen der Stadt Witten mit sofortiger Wirkung abzusagen.

Mit freundlichen Grüßen

Ulla Weiß
(Sprecherin des Ortsvorstands DIE LINKE Witten, Wetter und
Fraktionsvorsitzende der Ratsfraktion DIE LINKE im Rat der Stadt Witten)

Oliver Kalusch
(Beisitzer im Ortsvorstand DIE LINKE Witten, Wetter sowie Mitglied im Rat der Stadt Witten und Mitglied im ASU)

Birgit Minke
(Sachkundige Bürgerin für DIE LINKE im ASU und Sportausschuss Witten)