Anträge zum Haushalt 2022

Kanalsanierung statt Haushaltssanierung durch hohe kalkulatorische Zinsen

Linksfraktion

ESW Überschuss zweckgebunden einsetzen und nicht im Haushalt verschleiern!

Sehr geehrter Herr König,

sehr geehrte Damen und Herren,

 

die Fraktion DIE LINKE. im Rat der Stadt Witten beantragt, das Produkt 11 02 01 „ESW“ wie folgt zu ändern:

 

Im Produkt 11 02 01 „ESW“ wird der Betrag in Nr. 19 für die Jahre 2022 bis 2025 um 5.328.000 EUR reduziert.

 

 

Begründung:

 

Der Vorbericht zum Haushaltsplan 2022 weist unter Nr. II. 1.1.7 (Seite 59) den Posten „Gewinnablieferung ESW“ für die Jahre 2021 bis 2025 aus. Darin ist eine Summe von 5.328.000 EUR aufgeführt.

 

Bei Nr. 19 des Produkts ESW in der Produktgruppe 11 02 „Eigenbetrieb Stadtentwässerung (ESW)“ handelt es sich im Wesentlichen um den Jahresüberschuss der ESW, der an die Stadt Witten überwiesen wird sowie den Zinsertrag des Trägerdarlehns in Höhe von 60.000 EUR.

 

Der Jahresüberschuss wird  jeweils im Jahresabschluss der ESW festgehalten, der regelmäßig in einer Ratssitzung festgestellt wird. Demgegenüber steht die Gebührenbedarfsberechnung, die Grundlage der Entwässerungsgebührensatzung ist. Hier soll u.a. nachgewiesen werden, dass mit den Entwässerungsgebühren kein Gewinn gemacht wird, was unzulässig wäre. Erreicht wird dies u. a., in dem hohe kalkulatorische Zinsen in die Kalkulation der Abwassergebühren eingestellt werden. In Witten betragen diese 5,5%, was zu einer Kostenstelle von ca. 6,5 Millionen Euro in der Gebührenkalkulation führt. Diese kalkulatorischen Zinsen ergeben sich aus der fiktiven Verzinsung des eingebrachten Kapitals, beispielsweise von Entwässerungsanlagen wie Teile des Kanalnetzes. Begründet wird diese Verzinsung damit, dass dieses gebundene Kapital für andere Zwecke hätte eingesetzt werden können.

 

Allerdings wird für die Verzinsung dieses Kapitals keine derzeit realistische Verzinsung angesetzt. Derzeit liegt eine Niedrigzinsphase vor, mit der sich ein fiktiver Zinssatz von 5,5 % nicht in Einklang bringen lässt. Dieser hohe Zinssatz ergibt sich, wenn man auf den Durchschnitt der Emissionsrenditen für festverzinsliche Wertpapiere inländischer öffentlicher Emittenten der letzten 50 Jahre abstellt. Hinzu kommt ein Sicherheitszuschlag von 0,5 %. Diese Berechnungsgrundlage ist nicht realistisch.

 

Die Berechnungsform in allgemeiner Art wird in einer Klage des Bundes der Steuerzahler vor dem Oberverwaltungsgericht Münster derzeit gerichtlich überprüft.

 

Zudem werden die so von der ESW erzielten Gelder nicht für die Zwecke der Entwässerung eingesetzt, sondern fließen in den allgemeinen Haushalt  der Stadt Witten. Diese Verwendung ist als sachfremd anzusehen.

 

Demgegenüber steht der Bericht des Gewässerschutzbeauftragten der Stadt Witten von 2019 der festgestellt hat, dass 2019 6,74 km des Kanalnetzes der Schadensklasse 0 (Handlungsbedarf: sofort; sehr starker Mangel [Gefahr im Verzug]) zuzuordnen waren. 2017 waren es  8,17 km was angesichts der Dringlichkeit nur eine sehr langsame positive Entwicklung darstellt. Bei der Schadensklasse 1 (Handlungsbedarf: kurzfristig; starker Mangel) waren es 2017  27,71 km und 2019  28,32 km). Defekte Abwasserkanäle können zu erheblichen Schäden an Böden und Grundwasser führen. Diese Situation hat sich nicht verbessert.

 

Aufgrund dessen ist es geboten, keine Gewinnablieferungen der ESW an die Stadt Witten mehr durchzuführen. Der geplante Betrag von 5,328 Millionen Euro für die Jahre 2022 bis 2025, der wesentlich aus den hohen kalkulatorischen Zinsen resultiert, sollte verwendet werden, um das Kanalnetz zügig zu sanieren. Alternativ hierzu könnten die kalkulatorischen Zinsen gesenkt werden, und der geminderte Betrag auf der Ausgabenseite für Kanalsanierungen eingestellt werden.

 

Dies sollte auch in den Folgejahren fortgesetzt werden, bis alle Kanäle saniert sind. Danach ist zu entscheiden, in welcher Höhe die kalkulatorischen Zinsen zugunsten der Gebührenzahlenden zu senken sind.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Ulla Weiß                                                                             Oliver Kalusch

(Fraktionsvorsitzende)                                                       (Fraktionsgeschäftsführer)


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Haushaltsanträge der Jahre: